Was macht man am liebsten, nachdem man eine große Aufgabe erledigt hat?

Richtig – sich am besten vorerst gar nicht mehr mit der Thematik auseinandersetzen.

Beim Singen ist das allerdings etwas anders: zum Einen ist man nach einem Konzert weniger genervt von der vorabendlichen Aufgabe, denn stimmlich beansprucht. Und manchmal, wie auch an unserem achten Tag, hat man nicht ganz eine Wahl.

 

Man könnte sagen, wir waren wie ein wenig „musikalisch verkatert“, als wir am frühen Vormittag ein hohes Regierungsgebäude im Pichincha-Viertel der Stadt betraten, um den gleichnamigen „Coro“ zu treffen. Der Coro Pichincha – das sind 17 Sängerinnen und Sänger, eine Dirigentin und 20 Stunden proben pro Woche. Hauptberuflich finden sich die professionellen, zum Großteil studierten Mitglieder an fünf Tagen die Woche in dem anonymen Gebäude ein, um in einem kleinen Büro-ähnlichen Raum zu üben. Ihr Schirmherr ist die Landesregierung.

Für viele von uns war das morgendliche Aufeinandertreffen mit Pichincha der erste Zugang zu einem Profi-Chor. Lautstark begrüßten sie uns mit einem Lied namens „“, mit dem sie den Raum füllten und unsere helle Begeisterung (und auch ein wenig uns) weckten – welch Töne! Man muss es gehört haben, Videos geben den eigentlichen Klang kaum wieder. Die kleine Gruppe machte jeden Größenunterschied  (doppelte Bedeutung erwünscht) mit ihren eindrucksvollen Stimmen wett, die nebenberuflich auch oft die abendlichen Opern- und Musicalauftritte in Quito erfüllen.

Trotz des sprachlichen und kulturellen Unterschieds zwischen Ephata und Pichincha wurden wir aufs Herzlichste begrüßt, aufgenommen – und direkt eingespannt. Mehrere Stunden lang tauschten wir spanische, englische und französische Lieder aus, brachten uns gegenseitig sogenannte rhythmische Body-Percussions und Tanzschritte bei und zeigten uns gegenseitig unsere stärksten Stücke.

In bis zu drei Sprachen wurde auch in den Pausen gelacht, Nummern ausgetauscht, Komplimente ausgesprochen.. Der kleine, kahle Raum des Regierungsgebäudes war erfüllt von dem Austausch zweier Kulturen, zweier Chöre, zweier Geschichten, zweier weiblicher (!) Dirigentinnen. Mit einem gemeinsamen Foto endete das Zusammentreffen dann auch am Mittag schon wieder – die Kontakte bleiben uns aber ein Leben lang erhalten.

Und wer weiß – man sieht sich immer zweimal im Leben.

 

 

 

Nachdem wir den Coro wieder verlassen mussten und uns bei einem Mittagessen in der DSQ stärken konnten, stand eine sehr lange, sehr abenteuerliche Busfahrt an – die hatte es zwar in sich, aber sich dafür auch gelohnt: Auf über 4000 Meter Höhe besuchten wir am Nachmittag die Termas de Papallacta. Im heißen Wasser der acht Thermalbecken entspannten wir uns, kamen wieder ein wenig zu Atem (auch hier Ironie erwünscht..). Man konnte förmlich sehen, wie die Stimmbänder, Lachen und Nackenmuskulaturen sich bei jedem lockerten. Aus Müdigkeit wurde Ausgelassenheit.

Man darf das nicht falsch verstehen – es ist nicht so, als ob es unliebsame Anstrengungen waren, die wir in der vergangenen Woche erlebt und gemeistert hatten, im Gegenteil. Aber Anstrengungen bleiben Anstrengungen und nach diesen ist auch ein wenig Ruhe willkommen.

 

Diesen wunderbaren, irgendwie perfekte Tag wurde am Abend auch noch abgerundet: Bei einem gemeinsamem Abschiedsessen kamen Organisatoren, Gastfamilien, Musiker und natürlich wir als Chor zusammen, um über den Dächern Quitos einen letzten gemeinsamen, einheimischen Drink zu nehmen, das Essen und die Gespräche, den bitter-süßen Abschiedsschmerz und den Stolz auf das Vollbrachte zu genießen. Bis in die Nacht hinein dauerte dieser eine letzte Abend, der sicher mancherorts noch bei einem kalten (gar nicht mal so leckerem), ecuadorianischen Bier beendet wurde.

Irgendwie war es „magisch“. Bei dieser Aussicht gibt es auch gar nicht viel mehr dazu zu sagen, ihr versteht was wir meinen – oder?

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Kategorien: Ecuador Blog